Donnerstag, 21 November 2024
„Ich habe mich sehr gefreut und das Lehrerkollegium gefragt“, erinnert sie sich, da meldete sich schnell eine Gruppe, die sagte: „Oh ja, das machen wir.“ Eine Lebenshilfeklasse der 1./2. Jahrgangsstufe und die Schüler einer Grundschulklasse besuchten sich, es gab Treffen und dann einen Elternabend, auf dem das Konzept vorgestellt wurde. Ab Herbst 2012 sollte es eine Lebenshilfeklasse in der Hans-Carossa-Grund- und -Mittelschule Pilsting geben. Es war klar, dass diese Marion Oswald leiten wird, die diese Klasse schon vorherin der Lebenshilfe in Landau betreut hat. „100 Prozent, alle elf Schüler, sind mitgegangen“, strahlt sie. Die Pilstinger Partnerklasse, die 1a, übernahm Pamela Hiergeist mit 28 Schülern. Worauf Rektorin und Lehrer stolz sind und mehrfach bestätigen: Von den Eltern hat es nie Kritik gegeben, niemand wollte, dass sein Kind nicht in diese Klasse geht – vielmehr im Gegenteil. „Die Eltern sahen das sehr positiv,habensichgefreut“, sagt Schober und erklärt: „Wir haben uns gefreut, dass wir das umsetzen dürfen.“Nach dem Start 2012 kam 2015 eine weitere Kooperationsklasse hinzu, seit 2018 ist eine Klasse im Grundschulbereich und eine im Mittelschulbereich. Es gibt Regelschüler, die sechs Jahre am Stück mit Lebenshilfeschülern gemeinsam beschult wurden. Mit einem dankbaren Lächeln berichtet die Rektorin von einem Mädchen aus der 9. Klasse, das jetzt Freistunden nutzt, um in diesen Klassen hilfreich dabei zu sein. In der Grundschule machen die beiden Kooperationsklassen fast alles gemeinsam. „Deutsch und Mathe nehmen später ab“, erklärt Dorothea Kagerer, die aktuell die GS4 der Lebenshilfe unterrichtet. Zehn Schüler sind in ihrem Klassenzimmer, wenn sie alleine ist. Dazu kommt die 1a von Pamela Hiergeist mit 22 Schülern.Oftwird in Gruppen gearbeitet, mit strahlenden Augen berichtet sie, wie vielfältig sie jetzt den Unterricht gestalten kann und wie toll sie es So viel Glück an einer Schule Seit zehn Jahren gibt es die Kooperation der Carossa-Schule Pilsting und der Lebenshilfeschule – Ein Gewinn für alle findet, im Team zu arbeiten. „In der Regelschule bist du oft ein Einzelkämpfer in einer Klasse mit 28 Schülern“, denkt Hiergeist an die Zeit vorher zurück. Umgang miteinander geschieht selbstverständlich In Pilsting ist wie an anderen Schulen selbstverständlich, dass die Schüler miteinander umgehen, sich hänseln, sich ärgern oder sich unterstützen. Das alles passiert in der Regelklasse und auch mit den Lebenshilfeschülern. Alles ist selbstverständlich, nichts Außergewöhnliches. Das ist etwas, was Sebastian Kroiß besonders beeindruckt. Er leitet die Partner-Mittelschulklasse und ist seit zwei Jahren an der Schule. „Ich bin ins kalte Wasser gesprungen“, sagt er. Darauf war er nach dem Referendariat nicht vorbereitet. In der Mittelschule sei die Kooperation nicht mehr so intensiv wie in der Grundschule, da die Leistungen vor allem in Mathe doch weiter auseinandergehen, aber Kunst, Sport und Musik sind selbstverständlich gemeinsam. „Alle arbeiten gut zusammen, da gibt es keine Berührungsängste“, stellt er fest, „das ist super.“ Auch er erzählt voller Eifer von diesen tollen Erfahrungen. Er hatte vorher nie mit Inklusion zu tun und empfindet die neue Situation ebenfalls als Glück. Dazu gehören auch die Lehrerinnen der MS2 mit acht Lebenshilfekindern, Marion Oswald und Petra Tiefenböck. Oswald sorgt an der gesamten Schule für den richtigen Ton dank ihrer musikalischen Fähigkeiten. Gerade beim Maifest leitet sie viele Schüler an. Oswald und Kroiß, Kagerer und Hiergeist – alle vier Lehrer sitzen mit Rektorin Schober am Tisch und strahlen über die Kooperation, die es jetzt seit zehn Jahren gibt und nennen einen Grund, wieso es so perfekt funktioniert in Pilsting: „Das super Team.“ Oswald: „Ich habe viele Freunde hinzugewonnen.“ Dabei sei anfangs schon ein bisschen Nervosität aufgekommen, die intensive Zusammenarbeit mehrerer Lehrer sei Neuland gewesen. „Wir verstehen uns wirklich gut“, dafür bekommt sie zustimmendes Nicken. „Lehrer sind Vorbild, arbeiten mit Herzblut“ „Die Lehrer sind Vorbild, arbeiten mit Herzblut, das merken die Kinder“, schwärmt die Rektorin. Ein Erfolgskonzept ist für Pamela Hiergeist: „Niemand wird gezwungen. Es läuft nach dem Motto: Es tät mich freuen, wenn du ..., aber du musst nicht.“ Hiergeist klärt die Eltern gerne auf, erklärt, dass die Kinder durch die Kooperation nichts verpassen.Sie lernen denselben Stoff wie die anderen. „Nur haben sie einen Mehrwert“, erklärt sie. Neben Lesen, Schreiben, Rechnen gebe es etwas, das für sie an einer Schule mindestens genauso wichtig sei: Respekt, Toleranz und Akzeptanz. „Dadurch nimmt man mehr mit fürs Leben“, sagt sie und spricht dabei auch ein bisschen über sich selbst, denn dass diese Art des Lehrerberufs ihr persönlich viel bringt, daran lässt sie keinen Zweifel. „Zu 100 Prozent ein Gewinn für unsere Schule und darüber hinaus. Das könnte ich jeder anderen Schule nur empfehlen“, erklärt Schober. Manchmal geschehen richtig kleine Wunder Nach zehn Jahren ist dasProjekt immer noch lernfähig. Ein Lebenshilfekindhatte große Schwierigkeiten zu sprechen und man machte sich Sorgen, wie das in so einer großen Schule sein würde. „Das hatte eine richtige Sprachexplosion – bei diesen tollen Vorbildern“, schwärmt Dorothea Kagerer von den vielen kleinen Wundern an der Schule in Pilsting. Oder Sebastian Kroiß berichtet von einem Schüler, der im Sport seinen Regelschülern bei den Klimmzügen am Reck weit überlegen war. „Das stärkt den Schüler“, berichtet er. „Pilsting hat in Landau einen guten Ruf“, davon ist Schober überzeugt. Einen Anteil daran hat auch die Generalsanierung der Schule 2018. Erst seitdem ist die Schule barrierefrei, zuvor mussten auch die Lebenshilfeschüler die Treppe hoch. Da beschwerte sich einmal ein älterer Schüler, dass ein gehhandicapter Schüler schneller machen sollte, berichten die Lehrer. Dann hörte sie voller Stolz, wie sich ein Partnerschüler vor dem Größeren aufbaute und ihm erklärte: „Der kann halt nicht schneller.“ Das Zusammenleben funktioniert. Das bestätigt auch Sebastian Kroiß, der weiß, dass die Lebenshilfeschüler genauso beim Unfug eingebunden sind wie die anderen. Und Pamela Hiergeist ist inzwischen überzeugt, dass sie gerne immerwieder eine erste und dann eine zweite Klasse unterrichten mag, wenn sie zudem mit der Lebenshilfe kooperieren darf, wenn eine zweite Lehrerin dabei ist, wenn Betreuungskräfte dabei sind, wenn jeder Tag Überraschungen birgt und jeder Tag ein Glücksgefühl für sie bereithält.
 
         

 


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